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Die Honorierung beim Architekten-Wettbewerb – eine problematische Entscheidung des OGH

Nikolaus Thaller, DI DDr.

erschienen in: Kolumne „Bau und Recht“, Fachmagazin Architektur, Nr. 1, Februar 2008, S. 33.

Wann bekommen ArchitektInnen ihre Leistung im Zuge eines geladenen Wettbewerbes vergütet? Gibt es einen grundsätzlichen Anspruch darauf oder ist die Vergütung immer individuell zu regeln? Wann gilt die Wettbewerbsordnung Architektur?

DER SACHVERHALT (vereinfacht)

Ein Bauherr beabsichtigte die Errichtung eines Gesundheitszentrums und wandte sich an einen Architekten. Bei der ersten Besprechung wurde nur das Projekt diskutiert, von einem Wettbewerb war keine Rede und auch über das Honorar wurde nicht gesprochen.

Kurz darauf erhielt der Architekt eine Ausschreibung mit Vorgaben für die Erstellung eines Gebäude- und Parkflächenentwurfs und der Information, dass fünf Büros zu einem Wettbewerb eingeladen wurden und der Sieger den Planungsauftrag erhalten wird.

Sieger des Wettbewerbs wurde ein anderer Architekt; er erhielt einen Gesamtplanungs-Auftrag samt örtlicher Bauaufsicht.

Der Architekt stellte einen Betrag von € 9.000,- in Rechnung und argumentierte damit, vom Bauherrn mit der Vorentwurfsplanung beauftragt worden zu sein. Die Planer hätten an einem geladenen Wettbewerb teilgenommen, bei dem der Sieger den Planungsauftrag erhalten sollte und den anderen Teilnehmern eine Aufwandsentschädigung zustünde. Die Honorarpflicht des Bauherrn ergebe sich aus der Wettbewerbsordnung Architektur.

Der Bauherr bestritt, dem Architekten einen Auftrag erteilt zu haben. In der Ausschreibung sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der Planungsauftrag an den Sieger vergeben werde und es sei klar gewesen, dass die weiteren Vorentwürfe nicht honoriert würden. Die Wettbewerbs- ordnung Architektur sei nicht vereinbart gewesen.

Das Erstgericht gab dem Architekten Recht; er habe einen Anspruch auf Aufwandsentschädigung wie sie bei einem geladenen Wettbewerb üblich ist.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung und wies die Klage ab. Zwischen dem Bauherrn und dem Architekten sei kein Werkvertrag zustande gekommen. Der Architekt hätte sich an einem Wettbewerb beteiligt, ohne ein Honorar zu verlangen. Die Wettbewerbsordnung Architektur sehe zwar einen Aufwandsersatz vor, sei aber nicht vereinbart worden. Der Wettbewerbs-Entwurf sei daher als „Angebot“ zu qualifizieren und stelle somit eine unentgeltliche Vorleistung dar.

AUS DER BEGRÜNDUNG DES OGH

Der OGH hielt fest, dass es sich um einen geladenen Wettbewerb handelte, bei dem dem Sieger kein Preisgeld, sondern die Erteilung des Planungs- auftrages zugesichert wurde. Die Ausschreibung stellte daher eine „Aufforderung zur Erstellung von Angeboten“ dar. Wörtlich sagt der OGH: „Es ist in der Regel anzunehmen, dass derjenige, der einen Bau zu vergeben hat und Interessenten zum Wettbewerb einlädt, nicht daran denkt, die Bewerber für die mit dem Angebot verbundenen Arbeiten zu entlohnen – durch eine derartige Einladung wird den Interessenten nur freigestellt, sich am Wettbewerb zu beteiligen. Wer ein Angebot stellt, muss damit rechnen, dass ihm die Planung nicht übertragen wird und dass er für die notwendigen Vorarbeiten kein Honorar erhält. Will er nicht umsonst arbeiten, muss er im Voraus vereinbaren, dass er für seine geleisteten Arbeiten eine Vergütung erhält.“

Der OGH betont, dass die Erstellung von Angeboten im Zweifel unentgeltlich ist. Dies gilt insbesondere beim Realisierungswettbewerb, weil dort die Teilnahme erfolgt, um den gesamten Planungsauftrag zu akquirieren. Da nur der Sieger einen weiterführenden Auftrag erhält, besitzen – nach Meinung des OGH – die Planungsleistungen der übrigen Teilnehmer für den Auftraggeber keinen eigenständigen Wert.

Ein Anspruch auf Honorierung ist nur gegeben, wenn der Architekt mit dem Bauherrn – unabhängig vom Ergebnis des Wettbewerbes und der Auftragserteilung – eine Vergütung ausmacht oder die Wettbewerbsordnung Architektur ausdrücklich vereinbart wird. Diese ist a priori nicht bindend, sie gilt nur dann, wenn sie im Rahmen der Ausschreibung einem Wettbewerb zugrunde gelegt wird. Beides war aber hier nicht der Fall.

PRAKTISCHE FOLGEN

Es ist zu befürchten, dass dem OGH nicht ganz klar ist, was die geistige Leistung beim Entwurf ausmacht; bei genauerem Hinsehen muss man aber vor allem erkennen, dass es – hinsichtlich des Anspruchs auf Vergütung -  gar nicht um die Art dieser Leistung geht, sondern darum, dass ein geladener Wettbewerb rechtlich als „Aufforderung zur Erstellung von Angeboten“ qualifiziert wird. Und diese Angebotserstellung wird – nach herrschender Rechtssprechung – nicht honoriert. Daher ist es erforderlich, eine eigene Vereinbarung dafür zu schließen – entweder eine konkrete oder es wird die Wettbewerbsordnung Architektur ausdrücklich vereinbart.

Trotz all der Diskussion um Wettbewerbe im Allgemeinen und der Vergütung der Planertätigkeit dabei im Besonderen kommt es anscheinend immer wieder vor, dass für die Leistungen im Zuge eines Wettbewerbes nicht sofort – und ganz selbstverständlich – die Aufwandsentschädigung angesprochen wird. Das mag einerseits an der „schwachen ökonomischen Ausrichtung“ gewisser Teile der Architektenschaft liegen, aber auch daran, dass viele Auftraggeber es bereits gewohnt sind, für Wettbewerbs- oder (Vor)entwurfs-Leistungen nichts zu bezahlen. Für die Planer kann dies nur bedeuten, den Wert ihrer (geistigen) Leistungen zu betonen, eine Aufwandsentschädigung sofort, also vor Beginn der Arbeiten, anzusprechen und – wo immer möglich – durchzusetzen.

Dies könnte (auf lange Sicht) zu einer Änderung der Auftraggeber-Haltung bezüglich Vorleistungen der Planer führen und vielleicht auch eine Grundlage für eine Neubewertung von geistigen Planungsleistungen durch den OGH bilden – nämlich im Sinne einer Abkehr von der rechtlichen Qualifizierung der Planungs-Wettbewerbsarbeiten als „Angebot, das im Zweifel nicht zu vergüten ist“.
(OGH 2 Ob 245/06b vom 30.08.2007)

über den Autor:
Bauingenieur und Jurist – mit der festen Überzeugung, dass die wirtschaftlichen, rechtlichen und kommunikativen Themen des Bauens wesentlich zum Erfolg von touristischen Bauprojekten und zur Zufriedenheit aller Beteiligten (BauherrInnen, PlanerInnen, ausführende Firmen und alle Stakeholder/ Projektbetroffenen) beitragen.

Nikolaus Thaller

Nikolaus Thaller // 10. Dezember 2010

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