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Fremdes Bett

Um die Präsentation unserer Lesergeschichten (und den Mut, uns auch Ihre Story zu erzählen!!) ein bisschen voranzutreiben, möchten wir heute die Erfahrungen von Prof. Dr. Felizitas Romeiß-Stracke, Soziologin/Stadtplanerin, Beraterin, Professorin und Gründerin der Plattform für Tourismusarchitektur an der Technischen Universität München, mit Ihnen teilen.

Die Expertin berichtet in Ihrem Artikel „Fremdes Bett“, erschienen im Jahrbuch 2008 des Bundes Deutscher Innenarchitekten im Callwey Verlag, über Ihre Sicht auf den einen oder anderen Zwischenfall und Mangel in so manchen Hotels…..viel Spaß beim Lesen!

“Unterwegs-Sein gehört zu meinem Beruf. Ich mag Hotels eigentlich nicht!

Ich übernachte nicht immer in ausgesprochenen Business-Hotels, sondern auch in Hotels, die auf Feriengäste ausgerichtet sind. Ich wohne leider mangels Alternative meistens im Alpen-Barock, aber lieber in modernen Häusern. Dabei ist mir in den letzten Jahren aufgefallen: gerade bei neu gebauten Hotels, soweit sie nicht durch und durch als Design-Hotels konzipiert sind, klaffen die Architektur des Gebäudes  und die Innenausstattung häufig auseinander. Bei der Ankunft sehe ich eine gute moderne Fassade, komme ich hinein, hat offensichtlich wieder einmal ein „Hotelausstatter“ zugeschlagen mit gemustertem Teppichbelag, Sesseln mit wieder anders gemustertem Stoff bezogen, Tischchen mit Deckchen, Messingbeschlägen und Deko-Tand in jeder Ecke.

Meine Déformation Professionelle ist etwas Schreckliches. Überall entdecke ich Dinge, die nicht funktionieren, die unsinnig oder überflüssig sind. Mein kritischer Blick sieht die abgestoßene Tischkante oder die abgewetzte Sessellehne, die graufleckige Duschwannen-Abdichtung und den schmutzigen Teppich, das staubige Trockenblumengesteck und die abgegriffene Speisekarte. Ich möchte mich nicht als Hotelgast haben! […]

Hier nur einige Beobachtungen:

Bezug des Zimmers am Abend

Ich habe sehr selten Hotelzimmer mit origineller Anordnung der Möbel erlebt. Doppelbett in der Mitte, am Fußende oder an der Seite zum Fenster ein oder zwei Sessel mit Tischchen, (meist zu kleiner) Schreibtisch an der Wand, darauf der nie im Stil zur Einrichtung passende Fernseher und allerlei Mappen und Prospekte, fest eingebaute oder mobile Kofferablage daneben, ein Stuhl oder Sessel davor, der einen beim Durchgang zum Fenster behindert. Das alles hat seine funktionalen Gründe, aber es langweilt.

Dann drehe ich mich um und finde den Wandschrank und den Eingang zum Bad. Da habe ich meine Sachen schon auf einen der Sessel und neben den Fernseher auf den Schreibtisch geworfen, von wo sie auch nicht mehr in den Schrank finden werden.

Nun muss ich mich entscheiden, welches der beiden Betten ich nehmen will. Wenn ich Glück habe, ist es ein Grand Lit, so dass mir diese Entscheidung abgenommen ist. Kann man das Fenster aufmachen? Aber erst den Vorhang beiseite! Suche nach dem Mechanismus: Stange oder Zugseile? Rucken, ziehen…schon mancher Vorhang ist mir dabei auf den Kopf gefallen! Das Fenster lässt sich nur einen kleinen Spalt kippen – also doch Klimaanlage, brrr.

Das Badezimmer

Im Gegensatz zu der Standard-Ausstattung der  meisten Hotelzimmer gibt es bei den Bädern eine erhebliche Variationsbreite. Am meisten bei den Armaturen. Wie oft hat sich schon die Dusche plötzlich von oben ergossen, weil ich am falschen Knopf gedreht oder gezogen habe, und ich stand mit ruinierter Frisur da! Warum gibt es keine Standardarmaturen für Hotels? […]

Beleuchtung in Badezimmern scheint Glücksache zu sein. Den beleuchteten Schminkspiegel, der auch wirklich vergrößert,  darf man leider nur ab vier Sternen erwarten. Und wenn er da ist: die richtige Position wäre auch von Vorteil. Mal muss man sich verbiegen und verdrehen, um sich im Spiegel sehen zu können, mal sitzt er in einer Nische neben der Toilette, in die man sich hinein schieben muss. Kann man (Mann?) sich denn nicht ein bisschen in die Nutzerin hineinversetzen?

Das Bett

[…] Gute Lesebeleuchtung am Bett scheint eine Wissenschaft für sich zu sein, sie findet man auch nicht unbedingt in den Hotels der gehobenen Kategorie. Um das Licht im Zimmer vor dem Schlafen zu löschen wird häufig die Möglichkeit angeboten, dies vom Bett mit einem Wandschalter aus zu tun. Aber wehe, vorher brannte im Zimmer noch irgendwo eine Lampe! Dann geht die gerade  nicht aus, und ich muss doch noch einmal aufstehen, nach  Frotteeschlappen angeln, um mir auf dem Teppichboden keinen Fußpilz einzufangen und sie gesondert ausmachen. (Nicht umsonst werben inzwischen einige Hotels damit, dass sie Holzfußboden in den Zimmern haben!) […]

Es gibt in der Hotellerie eigentlich die Regel, dass jeder Hotelier hin und wieder in seinem eigenen Hotel in dem einen oder anderen Zimmer nächtigen sollte. Das tun vor allem die mittelständischen Hoteliers – und die sind in Europa immer noch in der Mehrzahl – wohl eher selten, aber es wäre wichtig, um die vielen kleinen funktionalen Mängel und die gestalterischen Unsinnigkeiten selbst zu entdecken. In vielen Fällen würde es auch Geld sparen!

Die Sterne-Klassifizierung sichert gerade in der Innenausstattung gewisse Qualitäts-Standards. Sie ist jedoch sehr hardware-orientiert. Atmosphäre z.B., die durch Farben, Materialien oder Licht entsteht, kann nur schwer bewertet werden. Auch kann gerade Einfachheit bzw. das Weglassen von Ausstattungs-Gegenständen ein gewisser Luxus sein, der sich nicht in Sternen widerspiegeln lässt: z.B. kein Teppichboden, keine Sitzgruppe, kein Fernseher, dafür vielleicht ein größerer Tisch mit einem Stuhl, an dem man gut sitzen und am Laptop arbeiten kann. […]“

Die vollständige Version des Artikels ist zum Download verfügbar unter: http://www.tourismusarchitektur.de/publikationen.html

Tanja Hawryliw

Tanja Hawryliw // 23. Oktober 2009

1 Kommentar

  • Peter Pfänder

    19. November 2009 um 16:13

    Jaaaaaaaaaaaaa – möchte man brüllen. Wie wahr! Duschenchaos. Schalterwirrwarr. Unnötige Sessel, dafür kein Platz zum Arbeiten. Ekelhafte Teppichböden in schlimmen Farben und voller ungesunder Dinge.

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